Geschichtliches aus Oberkirch
Erleben Sie eine Zeitreise durch die Stadt Oberkirch von den Ursprüngen bis in die Neuzeit.
Entstehung Oberkirchs
Ausgangspunkt für die Entstehung Oberkirchs war der Nußbacher Hof, den Kaiser Heinrich II. im Jahre 1007 mit allem Zubehör dem Bistum Bamberg verlieh. Spätestens im 11. Jahrhundert entstand von Nußbach aus auf Reichsboden jene Siedlung, die bald Oberkirch genannt wurde, da sie sich oberhalb der Mutterkirche in Nußbach befand.
Die Zähringer förderten in ihrer Funktion als Vögte des Nußbacher Hofes und als Grafen der Ortenau die Entwicklung Oberkirchs nachhaltig. Bereits im Jahre 1225 taucht der Ort in einer Urkunde mit der Bezeichnung "civitas" auf, in der Oberkirch als Bürgergemeinde bzw. Stadt ausgewiesen wurde.
Dieselbe Urkunde unterstreicht die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gewachsene Bedeutung Oberkirchs auch insofern, als aus ihr hervorgeht, daß Oberkirch 1225 eine selbständige Seelsorge und den Rang einer Pfarrei erhalten hatte.
Über die Zähringererben (die Markgrafen von Baden und die Grafen von Fürstenberg) kam Oberkirch im Jahre 1303 durch Kauf in den Besitz der Bischöfe von Straßburg. Bischof Johann I. von Straßburg sorgte dafür, dass Oberkirch im Jahre 1326 durch eine Gunsterweisung König Friedrichs des Schönen von Habsburg offiziell mit den Stadtrechten bedacht wurde.
Außerdem ließ dieser Bischof Oberkirch mit einer massiven Stadtmauer umgeben, die unter seinem Nachfolger Teil einer Befestigungsanlage rings um die Stadt werden sollte.
"Hauptstädtchen"
Um das Jahr 1400 wurde Oberkirch zum „Hauptstädtchen" des bischöflich-straßburgischen Herrschaftsgebietes, das sich über das Sasbach-, Acher- und Renchtal erstreckte. Oberkirch beherbergte infolgedessen bis zum Jahre 1803 die bischöfliche Verwaltung wurde zum Mittelpunkt für die Bewohner des Sasbach-, Acher- und Renchtales.
Insbesondere profitierte Oberkirch hiervon auf wirtschaftlichem Gebiet; ein vielbeachteter Markt entwickelte sich, das örtliche Gewerbe florierte und verschaffte der Mehrzahl der Bürgerschaft einen soliden Wohlstand.
Krieg und Zerstörung
Besonders qualvolle Jahre mußten die Bürger Oberkirchs während des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) durchstehen.
Nicht nur Franzosen und Schweden, sondern auch kaiserliche Truppen eroberten mehrere Male die Stadt, vernichteten Hab und Gut sowie das Leben vieler Bürger. Am Ende des Krieges hatte sich die Bevölkerungszahl der Stadt, um mehr als die Hälfte verringert.
Die Gräueltaten des Dreißigjährigen Krieges fanden Eingang in das literarische Werk des Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, der in Oberkirch-Gaisbach an seinem weltbekannten Hauptwerk "Der Abentheurliche Simplicissimus" schrieb.
Die größte Katastrophe in der Geschichte Oberkirchs ereignete sich zweifellos in den Kriegen, die der französische König Ludwig XIV. ausgelöst hatte.
Zu Beginn des Pfälzischen Erbfolgekrieges drangen die Soldaten dieses Königs auch in die Ortenau ein, eroberten Oberkirch und legten am 10. September 1689 sämtliche Häuser der Stadt in Schutt und Asche.
Vor allem aus finanziellen Gründen verpfändeten die Straßburger Bischöfe mehrfach die Stadt Oberkirch. Von 1592 bis 1664 waren es die Herzöge von Württemberg, die als Pfandherren die Geschicke der Stadt lenkten.
Herzog Friedrich I. von Württemberg und sein Sohn Johann Friedrich förderten besonders den Weinbau rund um Oberkirch und unterstützten die Entwicklung der Eisenindustrie unmittelbar vor den Toren der Stadt.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die protestantischen Herzöge von Württemberg, die fast ausschließlich katholische Bevölkerung Oberkirchs nicht zur Annahme des evangelischen Bekenntnisses zwangen, sondern dem Kloster Allerheiligen, das die Pfarrherren und die Lehrer in Oberkirch stellte, im Einvernehmen mit dem Bistum Straßburg gewöhnlich freie Hand bei der Betreuung der Gläubigen ließen.
Oberkirch wird badisch
Die Vorgänge der französischen Revolution, die auch in Oberkirch Unruhen zur Folge hatte, und der Aufstieg Napoleons führten zum Ende der Herrschaftszeit der Bischöfe von Straßburg im Jahre 1803.
Neue Stadtherren wurden die Großherzöge von Baden, die die Entwicklung Oberkirchs bis 1918 prägten.
Auch die Großherzöge gewährten Oberkirch eine Sonderstellung, und zwar dadurch, daß sie hier ein Bezirksamt errichteten, das für sämtliche Ortschaften des Renchtals zuständig war. In der großherzoglich-badischen Zeit nahm die Stadt einen großen Aufschwung.
Eine rege Bautätigkeit setzte ein, um Wohnraum für die enorm anwachsende Bevölkerung zu schaffen (1918 wohnten mehr als 4000 Menschen in Oberkirch); außergewöhnlich stark entfalteten sich Handel, Gewerbe und Industrie; aus einigen kleinen Handwerksbetrieben wurden Großbetriebe, die heute noch einen überregionalen Ruf genießen (unter anderem Koehler, Linck, Ruch); die Landwirtschaft, der sich die Bevölkerung Oberkirchs immer sehr verpflichtet sah, spezialisierte sich allmählich auf Sonderkulturen (zum Beispiel Weinbau); ferner erreichte der Fremdenverkehr seine erste Blütezeit, und auf politischem Gebiet verankerte sich auf breiter Basis demokratisches Denken.
Letzteres war entscheidend dafür, dass Oberkirch während der Badischen Revolution von 1848/49 unter der Führung der Rechtsanwälte Werner und Frech "zu den aufgewühltesten Orten des Großherzugtums Baden" zählte. Mehr als 30 Bürger mussten sich nach dem Scheitern der Revolution vor Gericht verantworten und auf ihre Forderung nach der Schaffung einer deutschen Republik verzichten.
Die Mehrheit der Bürgerschaft sympathisierte nach der Reichsgründung 1871 zunächst mit der Nationalliberalen Partei, seit der Jahrhundertwende schließlich mit der Deutsche Zentrumspartei, die Partei des politischen Katholizismus, die ihre starke Position bis zur Ausschaltung der Parteien im Dritten Reich behaupten konnte.
Eine stetige Aufwärtsentwicklung verzeichnete auch die Sozialdemokratische Partei in Oberkirch, die vornehmlich in der Arbeiterschaft Oberkirchs Fuß fassen konnte.
Beispielsweise erreichte sie bei den Wahlen des Jahres 1912 vierzehn Prozent der Stimmen und verbuchte dies als einen nennenswerten Erfolg.
Einen weiteren Bestandteil der politischen Gesinnung der Bürgerschaft Oberkirchs bildetet nach 1871 die ausgeprägte Verehrung für "Kaiser und Reich", die ihren Höhepunkt im Ersten Weltkrieg erreichte.
Im Glauben, für eine gerechte Sache zu kämpfen, nahmen die Bürger Oberkirchs während dieses Krieges "an der Heimatfront" große Entbehrungen und schweres Leid auf sich.
Letzteres wird besonders deutlich, wenn man erwähnt, dass in den vier Kriegsjahren mehr als 200 Angehörige der Pfarrei Oberkirch auf den Schlachtfeldern Europas fielen.
In den Revolutionstagen des November 1918 entstanden in Oberkirch sogenannte Arbeiter- und Soldatenräte, die zunächst für Ruhe und Ordnung sorgten.
Zu den Problemen Oberkirchs in den Jahren der "Weimarer Republik" gehörten die Wohnungsnot, die Arbeitslosigkeit, die Integrierung der zahlreichen Flüchtlinge aus Elsaß-Lothringen, die Finanzmisere der Gemeinde, die zeitweiligen Absatz- und Produktionsschwierigkeiten der Gewerbebetriebe, die die Inflation und Geldentwertung des Jahres 1923, Geldknappheit in den Kassen der einzelner Familien und anderes mehr.
Andererseits gab es ein reges und vielseitiges Vereinsleben und Kulturangebot. Filmvorführungen, Darbietungen verschiedener Theaterensembles, sportliche Betätigungen und die tratitionsreiche Oberkircher Fastnacht.
Eine großartige Leistung vollbrachten die Bürger der Stadt im Jahre 1926, als sie trotz der beschwerlichen Zeitverhältnisse das 600jährige Jubiläum der Stadtrechtsverleihung Oberkirch in großem Rahmen feierten.
NS-Zeit
Durch massive Propaganda in Veranstaltungen verschiedenster Art und in der Oberkircher Lokalpresse gelang es der NSDAP seit den endenden zwanziger Jahren, in Oberkirch Anhänger zu gewinnen, die dann im August 1930 die Ortsgruppe Oberkirch der NSDAP gründeten.
Ihnen gehörte nach der Machtübernahme Hitlers im Jahre 1933 die ganze Macht in der Gemeinde.
Das politische und kulturelle Leben der Stadt wurde einförmig und spürbar ärmer. Die wenigen Menschen, die sich dem NS-Regime widersetzten, waren Repressionen und Verfolgung ausgesetzt. Im zweiten Weltkrieg kam es zwar zu vergleichsweise wenig Gebäudeschäden jedoch war der Tod vieler Soldaten und ziviler Opfer zu beklagen.
Wiederaufbauarbeit in Oberkirch
Unter schwierigsten Bedingungen begann, unter französischer Besatzung die Wiederaufbauarbeit in Oberkirch.
1951 wurde die Renchtäler Winzergenossenschaft Oberkirch gegründet, um bessere Absatz- und Vermarktungschancen für den Wein aus Oberkirch und Umgebung zu schaffen.
Bereits zwei Jahre später, im Jahre 1953, nahm die Stadt Oberkirch das neu erbaute Krankenhaus an der Gaisbacher Straße in Betrieb.
Ein weiterer Eckpfeiler war im Jahre 1963 die Gründung der Städt. Wohnungsbaugesellschaft, die hunderte von Wohnungen errichtete.
Eine der modernsten und auf lange Jahre eine der richtungsweisenden Zentralkläranlagen des Raumes konnte die Stadt Oberkirch bereits 1968 in Betrieb nehmen.
Damit verbunden war die Gründung des Abwasserverbandes Oberkirch und Umgebung.
Im Rahmen der deutsch-französischen Freundschaft erfolgt 1971 die Verschwisterung von Oberkirch mit der Stadt Draveil in Frankreich.
In den Jahren 1971 bis 1975 wurden neun selbständige Gemeinden aus dem Umland in die Stadt Oberkirch eingegliedert.
Für acht Ortschaften vereinbart man eine Ortschaftsverfassung.
In die Zeit der Eingliederung, nämlich ins Jahr 1973, fiel die Eröffnung der neuen Stadthalle in Oberkirch zuvor Obstmarkthalle, heute Erwin-Braun-Halle,.
Am 1. Januar 1975 wurde die Stadt Oberkirch im Rahmen der vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft mit der Stadt Renchen und der Gemeinde Lautenbach Untere Verwaltungsbehörde.
Neubau der Hans-Furler-Schulen
Auch in den folgenden Jahren, von 1975 bis 1982, investierte die Stadt Oberkirch gewaltig. So sollen hier nur der Neubau der Hans-Furler-Schulen, die Fertigstellung der Mehrzweckhalle in Oberkirch-Nußbach, der Ausbau des Reichenbächles, die erhebliche Stadtgartenerweiterung, die Errichtung einer Fernwasserversorgung sowie der bedeutende Erweiterungsbau für die Realschule (heute Johann-Wölfflin-Grundschule) genannt werden.
Der Beschluss des Gemeinderates zur formellen Festlegung eines Sanierungsgebietes im Stadtkern von Oberkirch im Jahre 1978 darf hier nicht fehlen.
Die Stadt Oberkirch wurde zum leistungsfähigen Kultur-, Schul- und Einkaufszentrum des Renchtales mit beachtlicher Wirtschaftskraft dar.
Auch die Oberkircher Gastronomie trug und trägt ihren Anteil zur Attraktivität der Stadt Oberkirch bei.
Mit dem Tod von Bürgermeister Erwin Braun ging am 21. Oktober 1981 eine fast 33jährige Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Oberkirch zu Ende.
Zum neuen Bürgermeister der Stadt wurde der Jurist Willi Stächele gewählt, der am 30. November 1981 sein Amt antrat. In seiner Amtszeit wurde die 1977 begonnene Stadtsanierung fortgeführt. Wichtige Gebäude wie das Gasthaus "Sonne", das "freche Hus", das Heimat- und Grimmelshausenmuseum und das Neue Rathaus wurden städtebaulich saniert bzw. eingerichtet.
Insbesondere das frühere Kinderheim, das zum Neuen Rathaus umgebaut wurde, erwies sich für die Verwaltung als Glücksgriff. Bis dahin war die Verwaltung zeitweise an bis zu sechs Standorten über das ganze Gebiet der Kernstadt verteilt. 1986 entschied der Orden der Barmherzigen Schwestern des Heiligen Vinzens von Paul, das Kinderheim St. Gebhard aufzugeben und die Fläche der Stadt zu verkaufen. Bereits im Dezember 1986 konnten die beiden Pavillons des neu erworbenen Areals von städtischen Abteilungen bezogen werden. Der Bezug des Hauptgebäudes konnte am 28. April 1988 mit der offiziellen Einweihung gefeiert werden. Vorausgegangen waren über zwei Jahre dauernde umfangreiche Sanierungs—, Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen.
Durch seine Ernennung zum Staatssekretär in der Landesregierung Baden-Württemberg musste Willi Stächele nach fast siebzehnjähriger Tätigkeit dieses Amt aufgeben.
Die Oberkircher wählten am 31. Januar 1999 Baudirektor Matthias Braun zu seinem Nachfolger. Er setzte sich gegen mehrere Mitbewerber im ersten Wahlgang durch und wurde nach Ablauf der jeweiligen Amtszeit 2007 und 2015 in seinem Amt eindrucksvoll bestätigt.
Bau der Bundesstrasse 28 Umfahrung Oberkirch / Lautenbach
Seit Jahrzehnten litt die Stadt Oberkirch unter dem starken Durchgangsverkehr, der jede innerörtliche Entwicklungsmöglichkeit blockierte. Als eines seiner ersten Amtshandlungen ließ Matthias Braun eine innerörtliche Umfahrung planen, die weitsichtig einen Anschluss an die Ortsumfahrung Oberkirch-Lautenbach vorsah. Mit dieser Planung kam Dynamik in die seit neun Jahrzehnten ersehnte Ortsumfahrung.
Durch die Verkehrsfreigabe der inneren Umfahrung im Jahr 2004 wurde die Grundlage für eine verkehrliche Entlastung der Innenstadt, insbesondere vom LKW-Verkehr, geschaffen. Im gleichen Jahr wurde Oberkirch zur Großen Kreisstadt erhoben.
Im Jahr 2007 wurde mit dem Bau der großen Umfahrung von Oberkirch und Lautenbach begonnen. Im März 2010 wurde die Oberkircher Mediathek eröffnet. Weitere Informationen zu dieser Freizeit-, Bildungs- und Kultureinrichtung gibt es unter diesem Link.
Durch die offizielle Verkehrsfreigabe der B280 Ortsumfahrung im August 2014 erfolgte der Abschluss eines für die Stadt wichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekts. Die Umfahrung sichert der Stadt Oberkirch weitere Entwicklungsmöglichkeiten, insbesondere die Ausweisung von weiteren Wohnbauflächen und Gewerbegebieten. Auf einer Gesamtlänge von 6 km kann der überörtliche Verkehr auf der wichtigen West-Ost-Verbindung zwischen Straßburg und Tübingen ohne Durchfahrt von Oberkirch und Lautenbach passieren. Die Bauzeit betrug 7 Jahre. Das Herzstück des 70-Millionen-Euro-Projekts sind die beiden Tunnelbauwerke. Ein ausführlicher Bericht findet sich unter diesem Link auf der städtischen Internetseite.
Durch die Entlastung der Stadt Oberkirch vom Durchgangsverkehr wurde es erst möglich, die historische Altstadt aufzuwerten. So konnte Ende 2017 die umgestaltete Hauptstraße mit Fußgängerzone ihrer Bestimmung übergeben werden.
Im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte konnten mehrere Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, Wohngebiete und Gewerbegebiete erschlossen und Oberkirch als attraktiver Wohn- und Gewerbestandort weiterentwickelt werden.
Nach 24 Jahren als Bürgermeister und Oberbürgermeister stellte sich Matthias Braun nicht mehr zur Wahl. Sein Nachfolger wurde 2023 Oberbürgermeister Gregor Bühler.
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Fachbereich Bildung und Kultur
Dr. Irmgard Schwanke
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